Ablauf Rebind

Bücher im neuen Gewand – Meine Arbeitsschritte


Bücher neu zu binden ist eine wundervolle Möglichkeit, das gesamte äußere Erscheinungsbild eines Buches zu beeinflussen. Gleichzeitig bietet so ein Rebind – beispielsweise für oft gelesene Lieblingsbücher – die Möglichkeit, ein Buch zu retten oder eben robuster zu machen. Im Laufe der Zeit habe ich den für mich passenden Ablauf für Rebind-Projekte gefunden. Und genau darum geht es in diesem Blogbeitrag. Ich habe für dich die 7 Schritte zusammengestellt, in denen ich Bücher neu binde.

Vor einigen Wochen hatte ich bereits einen Instagram-Post zu diesem Thema gemacht – nun möchte ich diese Infos auch hier auf dem Blog verorten. Falls du bereits den Instagram-Post gelesen hast, dann lohnt es sich trotzdem hier weiterzulesen, denn ich habe alle Schritte detaillierter beschrieben. Ich denke, dass der Artikel sich sowohl lohnt, wenn du einfach meinen Prozess besser verstehen möchtest, als auch, wenn du selber mit dem Neubinden von Büchern starten möchtest. Gib mir gerne eine Rückmeldung!

1. Originalcover abtrennen


Als erstes entferne ich immer das Originalcover. Hierbei unterscheidet sich das Vorgehen für Taschenbücher und gebundene Bücher.

Bei Taschenbüchern schaue ich zunächst, ob die erste Seite am restlichen Buch fest ist. Wenn dies nicht der Fall ist, dann klebe ich ca. 5mm der ersten Seite an der zweiten Seite fest. Ansonsten kann es passieren, dass die erste Seite beim Entfernen des Covers mit dem Cover abgezogen wird oder sogar einreißt.

Das Cover ziehe ich immer ziemlich vorsichtig ab. Ich sehe ab und zu Videos von Leuten, die die Cover schwungvoll abreißen – das mag funktionieren, aber mir ist das zu riskant. Beim Abziehen des Covers bleiben regelmäßig Klebereste zurück. Diese können einige Millimeter dick sein und dürfen gerne bleiben.

Bei gebundenen Büchern hingegen schneide ich den Buchblock mit einem scharfen Cuttermesser vorsichtig vom Cover ab. Hierfür stelle ich das Buch aufgeschlagen und aufrecht vor mich hin und schaue gleichzeitig vom Vorsatzpapier und von oben aus, dass das Messer an der richtigen Stelle schneidet. Dabei wird das Vorsatzpapier durchgeschnitten. Je nach Design des Vorsatzpapiers kann es Sinn machen, auch die am Buchblock verbleibende Hälfte zu entfernen – zumindest finde ich es nicht schön, wenn das Buch dort beispielsweise eine halbe Karte beinhaltet.

Bei beiden Möglichkeiten schaue ich immer nach, dass die Bindung des Buchs in einem guten Zustand ist. Wenn dies nicht der Fall ist, dann macht es mehr Sinn die Bindung zu entfernen und eine neue Klebebindung anzulegen. Das geht für mich mit einem Stapelschneider relativ einfach. Wer das aber selber ausprobieren will und keinen Zugriff auf einen Stapelschneider hat, sollte lieber nicht mit einem alten, verzogenen Buch starten.

2. Neues Vorsatzpapier anbringen


Nachdem das Cover entfernt ist, bringe ich das neue Vorsatzpapier an, indem ich einen ca. 5mm breiten Streifen festklebe. Ich drucke mir das neue Vorsatzpapier fast immer selber aus – häufig auch mit einem von mir gemalten Motiv. Es lassen sich aber auch gut Buntpapiere nutzen – aus dem Buchbindereibedarf oder auch einfach welche fürs Scrapbooking. Auf jeden Fall muss auf die Laufrichtung des Papiers geachtet werden, denn die Papierfasern sollten immer parallel zum Buchrücken verlaufen, damit sich das Buch nicht verzieht.

Die Laufrichtung ist die Richtung, in die sich die Papierfasern bei der maschinellen Papierproduktion ausrichten. Du kannst die Laufrichtung beispielsweise testen, indem du eine Ecke des Papiers vorsichtig nach innen rollst. Du wirst dabei feststellen, dass sich das Papier entlang einer Papierkante leichter biegen lässt als entlang der anderen. Das liegt daran, dass die Biegung bei letzterer entgegen der Papierfasern erfolgt. Bei Büchern sollte allerdings Papier immer so gefaltet werden, dass Knicke zwischen den Papierfasern entstehen anstatt innerhalb der Fasern. Das Papier sollte also immer so geknickt werden, wie das Aufrollen einfacher ist.

3. Farbschnitt gestalten


Dies ist mein Lieblingsschritt des Rebind-Prozesses! Ich werde nie genug davon bekommen, Farbschnitte zu gestalten. Je nach Buch und Entwurf nutze ich Aquarellfarbe, Acrylfarbe, Stifte oder marmoriere den Buchschnitt. Die beiden wichtigsten Grundsätze für die erfolgreiche Gestaltung von Farbschnitten sind meiner Meinung nach, dass die Buchseiten stark zusammengedrückt werden und die Farbschicht dünn ist.

Ich werde bestimmt noch einen Blogpost explizit zu diesem Thema machen, aber empfehle bis dahin schon mal das Buch ‚Painted Edges‘ von Hanna Kiel und stehe natürlich auch selber immer gerne für Fragen zur Verfügung.

4. Rücken stärken, Lesezeichen- und Kapitalband anbringen


Dieser Schritt fasst drei kleinere Handgriffe zusammen. Zunächst bringe ich bei jedem neu gebundenen Buch einen Scharnierstoff an. Der Buchrücken wird im Laufe des Buchlebens immer wieder bewegt und braucht diese Unterstützung, um langfristig stabil zu sein.

Ich nutze einen Scharnierstoff aus dem Buchbindereibedarf, aber hier lässt sich für einige erste Projekte auch gut ein unelastischer Stoff aus 100% Baumwolle nutzen. Der Scharnierstoff sollte möglichst die gesamte Höhe des Buchblocks abdecken. Ansonsten sind die obere und untere Kante Stellen, an denen das Vorsatzpapier nach einigen Jahren leicht einreißen kann.

Nach dem Scharnierstoff folgt bei mir das Lesezeichenband und anschließend Kapitalband. Diese Elemente lassen neu gebundene Bücher mit relativ wenig Aufwand deutlich hochwertiger wirken. Beides gibt es im Buchbindereibedarf zu kaufen – ich habe allerdings lange auch Geschenkband statt explizitem Lesezeichenband genutzt. Das ist zwar deutlich steifer, aber funktioniert auch.

5. Neues Cover zusammenhängen und gestalten


Diesen Schritt könnte man auch deutlich früher im Prozess unterbringen, da für das Zusammenhängen des neuen Covers nichts aus den vorherigen Schritten genutzt wird. Für das Cover des Rebinds werden Graupappe für die Buchdeckel, ein dünnerer Karton für den Buchrücken und ein Einbandmaterial gebraucht. Ich nutze für den Einband bevorzugt Buchbinderleinen, aber auch gerne Efalinpapier. Es gibt auch tolles bedruckbares Gewebe.

Die Graupappe und der Karton werden auf das Einbandmaterial geklebt, die Ecken im 45° Winkel abgeschnitten und anschließend die Außenkanten umgeschlagen. Es werden zuerst die beiden langen Außenkanten umgeschlagen und anschließend die beiden kurzen. Ich lege meine Cover anschließend gerne unter eine größere Holzplatte, sodass sie möglichst gerade sind während der Kleber trocknet.

Wenn das Cover zusammengehängt ist, dann kann dieses mit beispielsweise Folie (Textilfolie oder Heißprägefolie) gestaltet werden. Eine tolle Möglichkeit zur Gestaltung ist auch bedruckbares Einbandgewebe. Ich gestalte Cover bevorzugt so, dass sie zum Inhalt und Gefühl des Buches passen – aber das ist ja das Schöne am Neubinden, dass man frei gestalten kann.

Ich habe für mich Maße herausgefunden, die meiner Meinung nach zu ästhetisch ansprechenden Büchern führen. Ich habe allerdings von anderen Menschen auch schon deutlich andere Maße mitbekommen, sodass man da wohl etwas ausprobieren muss, um die für einen persönlich passenden Dimensionen herauszufinden.

6. Buchblock einhängen


Der letzte Arbeitsschritt ist das Einhängen des Buchblocks. Ehrlicherweise habe ich immer etwas Angst vor diesem Schritt. Ich habe so viele Stunden Arbeit in Cover und Buchblock mit Farbschnitt gesteckt und mit nur einer falschen Bewegung könnte das alles ruiniert sein. Aber zum Glück ist das bisher noch nie passiert. 

Ich falte das fertige Cover gerne schon mal, sodass das Gewebe gerade Kanten an den richtigen Stellen bildet. Der Textblock wird zunächst ohne Kleber in das Cover gelegt und ausgerichtet. Dann wird das Buch flach auf den Tisch gelegt und der Kleber auf die Außenseite des oberen Vorsatzpapiers aufgetragen.

Damit kein Kleber in das Buch oder auf dem Buchschnitt gelangt, lege ich immer ein größeres Papier in den Vorsatz. Dieses tausche ich anschließend gegen Folie aus und klappe das Buch zu. Nun kann noch mit dem Falzbein angedrückt werden und anschließend geht es mit der gleichen Vorgehensweise an die andere Seite des Buchs. Anschließend gehe ich mit dem Falzbein immer nochmal durch die Vertiefungen zwischen der Graupappe der Buchdeckel und dem Buchrücken.

7. Fertiges Buch pressen


Das neu gebundene Buch ist nun eigentlich fertig, aber der Kleber aus dem letzten Schritt sollte trocknen, während das Buch gepresst wird. Also geht es fürs Rebind ab in die Presse. Ich habe übrigens keine schwere Buchpresse, sondern nutze Schraubzwingen mit Holzbrettern oder Acrylglasplatten, da ich diese vom Farbschnitt Malen sowieso da habe und der Druck stark genug ist. Nach einigen Stunden Geduld ist das Buch dann auch endlich bereit, gelesen zu werden. Ich lasse es meistens über Nacht gepresst. Hier auf dem Bild ist es kein neu gebundenes Buch, sondern ein gemalter Farbschnitt, aber darauf lässt sich mein gewohnter Aufbau gut erkennen.

Das war’s?


Ein ganz wichtiger Schritt fehlt hier in der Aufzählung, da er maßgeblich ist, dass das Buch hinterher einzigartig und passend zum Buchinhalt wird: Das Design. Bei Auftragsarbeiten kommen hier natürlich die Wünsche des/der Kund:in ins Spiel. Diese:r bestimmt den Umfang dessen, was umgestaltet werden soll. Die Genauigkeit der Vorstellungen kann dabei irgendwo zwischen einem reinen Farbwunsch und genauen Designideen mit Referenzfotos liegen. Auf jeden Fall gibt es, bevor ich mit der eigentlichen Umgestaltung beginne, eine Übersicht mit Skizzen zu allen umgestalteten Buchelementen und eine Aufschlüsselung des Preises.

Ich gestalte das Cover, den Farbschnitt und oftmals auch das Vorsatzpapier in Stunden langer Designarbeit. Da dies aber sehr individuell und schwer zu bebildern ist, habe ich es für diesen Blogbeitrag weggelassen. Ich werde hier aber auch einige bereits erstellte Projekte im Detail vorstellen und dabei auch auf den jeweiligen Designprozess eingehen. Denn das Design hängt bei mir stark vom jeweiligen Buch ab, damit es inhaltlich passt und die Stimmung des Buchs aufgreift.

Wie dieser Prozess entstanden ist


Ich habe mir diesen Teil des Buchbindens selbst beigebracht mit Hilfe toller Menschen, die ich über Instagram kennengelernt habe, sowie über einige YouTube-Videos. Insbesondere die Fanbinding-Community kann einen tollen Startpunkt liefern, wobei es in dieser um komplett neu erstellte Bücher geht und weniger um Rebinds.

Der hier gezeigte Ablauf passt für mich super, ist aber natürlich nicht der einzig ‚richtige‘ Weg. Zum Beispiel kann es auch Sinn machen, den Schritt, bei dem man sich am unsichersten ist, zuerst zu erledigen – oder eben als letztes. Je nachdem, was zur eigenen Psyche, dem Projekt und den Materialien passt.

Ich hoffe Dir hat der Einblick in meinen Buchbinde-Prozess gefallen! Und falls du jetzt Lust hast, irgendwann mal auch ein Buch neu zu binden, aber noch Fragen hast, dann schreib diese gerne in die Kommentare. Und irgendwann – in der mittelfristigen Zukunft – will ich auch mal Workshops zu dem Thema anbieten.

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